Noch vor einigen Jahrzehnten wurden vereinzelt Felspassagen oder ausgesetzte Wegstellen mit Stahlseilen abgesichert. Mit der Zeit entwickelten sich daraus die heutigen Klettersteige, die immer schwierigere Routen für Bergsteiger zugänglich machen. In den letzten Jahren hat sich daraus eine eigene alpine Disziplin entwickelt, die sich immer größerer Beliebtheit erfreut.
Die italienische Bezeichnung Via Ferrata, übersetzt "Eisenweg", beschreibt diese waghalsig angelegten, mit Stahlseilen versicherten und über Eisenleitern, Eisenstifte oder Seilbrücken führenden Kletterwege im natürlichen Fels sehr treffend.
Im Gemeindegebiet Oberstdorf befinden sich insgesamt drei Klettersteige. Zwei davon sind mithilfe der Bergbahn als Tagestour möglich. Der Mindelheimer Klettersteig wird üblicherweise in Verbindung mit einer Hüttenübernachtung überschritten.
Der Hindelanger und Mindelheimer" Klettersteig sind mit jeweils ca. 4 Stunden Gehzeit vor allem konditionell anspruchsvoll! Dabei verlaufen sie über weite Strecken direkt über den Grat und sind so gleich auf zwei Seiten ausgesetzt.
Dafür bieten sie unmittelbar auf dem Gebirgskamm ein großartiges Bergpanorama!
Einfachere Abschnitte und kurze, übersichtliche Felspassagen sind ungesichert und erfordern daher entsprechende Bergerfahrung und sicheres Klettern im leichten Fels.
Absturzgefahr! Stahlseilversicherungen vermitteln das Gefühl von Sicherheit. Zwischen zwei Fixpunkten liegen jedoch vielerorts etliche Meter. Bei einem Sturz bremsen die in den Fels gebohrten Eisenverankerungen den Körper zudem extrem schnell ab. Deshalb kann es – selbst bei richtiger Anwendung des Klettersteigsets und gesicherter Position am Stahlseil – bei mangelnder Erfahrung, Kondition oder Unachtsamkeit zu schweren Verletzungen kommen.
Wettergefahr! Die meisten Klettersteige sind in zweifacher Hinsicht exponiert. Mit ausgesetzten Stellen rechnen viele. Weniger bekannt ist, dass Klettersteige auch in Richtung Himmel eine besonders gefährdete Lage aufweisen. Der wetteroffene Platz direkt auf einem Grat oder in einer Felswand, in Verbindung mit der eisernen Wegführung – gespickt mit Stahlseilen, Metallklammern oder Eisenleitern – ist bei einem Gewitter lebensgefährlich. Dabei muss der Blitz nicht einmal in unmittelbarer Nähe einschlagen: Die Stahlseile wirken wie Blitzableiter und leiten den Strom über viele Meter weiter. Bitte achte insbesondere in den Gewittermonaten auf aktuelle Wetterprognosen und reagiere frühzeitig auf Wetterverschlechterungen. Im Frühjahr ist auf nordseitigen Routen noch lange mit – teilweise erheblichen – Altschneeresten zu rechnen. Auch bei plötzlichen Wetterstürzen im Sommer können vorübergehend winterliche Verhältnisse herrschen. Dann sind Stahlseile und Tritte möglicherweise vereist oder verschneit und somit unbenutzbar.
Steinschlag! Nirgendwo ist das Risiko größer als auf einem Klettersteig. Da sich in diesem alpinen Gelände deutlich mehr Menschen auf engem Raum bewegen, ist die Steinschlaggefahr um ein Vielfaches höher als etwa bei klassischen alpinen Klettertouren im vergleichbaren Terrain. Das Tragen eines Helmes ist deshalb dringend zu empfehlen.
Praktische Grundkenntnisse in der Klettersteig- und Sicherungstechnik sind elementar! Anfänger oder Ungeübte sollten sie sich von Profis beibringen lassen!
Die beste oder teuerste Bergsteiger- oder Klettersteigausrüstung hat keinen Wert, wenn man selbst nicht über die notwendige alpine Grunderfahrung oder über die entsprechende Kenntnis der Klettersteig- und Sicherungstechniken verfügt. Ungeübte oder Anfänger sollten sich deshalb die Grundkenntnisse und Sicherheitsregeln von einem ausgebildeten Bergführer näher bringen lassen, bevor Du Dich alleine auf Deine ersten, einfachen Klettersteige wagst.
Die besten Klettersteigverhältnisse bestehen zwischen Mitte Juni und Ende September. Dann sollte vom Altschnee des vergangenen Winters nichts mehr übrig sein. Die stabilsten Wetterverhältnisse findet man von Mitte August bis Ende September / Mitte Oktober. Gewittergefahr spielt während dieses Zeitraumes eine untergeordnete Rolle. Achte immer auf eine gute Tourenplanung, das Wetter und eine wirklichkeitsnahe Einschätzung Deines persönlichen Könnens! Abhängig von Frequenz können sich die Gehzeiten unter Umständen erheblich verlängern. Dann gilt Wetter, Zeit und Notabstiege im Auge behalten.
Aufgrund der Länge, des Schwierigkeitsgrades und vieler kurzer, nicht gesicherter Felspassagen im hochalpinen Gelände, werden die Klettersteige in Oberstdorf erst ab einem Alter von 12 Jahren empfohlen. Achtung! Klettersteigsets sind nicht für Kinder oder Jugendliche unter einem bestimmten Mindestgewicht geeignet! Grundsätzlich sollten Kinder und Jugendliche auf schwierigen Klettersteigabschnitten, aber auch entlang gefährlicher Passagen im alpinen Gelände sicherheitshalber zusätzlich mit einem Seil gesichert werden, was natürlich die entsprechende Erfahrung der erwachsenen Begleiter voraus setzt. Grundsätzlich sollte hinter dem Kind gestiegen werden. Bei fehlender Erfahrung, Ausrüstung oder genereller Unsicherheit sollte auf die Besteigung des Klettersteiges ohne Führer verzichtet werden.
Alpine Grundausrüstung und entsprechende Erfahrung sowie absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind auf einem Klettersteig grundsätzlich voraus gesetzt. Darüber hinaus sind ein Klettergurt (Sitz- oder Kombigurt), ein Klettersteigset (1 Seilbremse, zwei Schlingen mit Klettersteigkarabiner nach UIAA-Norm) und ein Bergsteigerhelm erforderlich. Klettsteighandschuhe schützen vor Verletzungen am Stahlseil und sind deshalb empfehlenswert.